Was versteht man unter bidirektionalem Laden und warum ist es gerade jetzt so ein relevantes Thema?
Niklas Hemberger:
Bidirektionales Laden bedeutet, dass
Elektroautos nicht nur Strom aus dem Netz beziehen, sondern auch Energie
zurückspeisen können – ins Haus, ins öffentliche Netz oder ins Firmengelände.
Das ist jetzt besonders wichtig, weil immer mehr erneuerbare Energien ins Netz
integriert werden müssen, deren Produktion schwankt. E-Autos können als
flexible Speicher dienen und durch Ausgleich dieser Schwankungen Netz- und
Energiekosten senken. Damit diese Technologie funktioniert, müssen allerdings
alle einzelnen Komponenten miteinander sicher kommunizieren.
Welche Rolle spielen Kommunikationsstandards wie ISO 15118-20 und OCPP beim bidirektionalen Laden?
Stefan Morscher:
Der 15118-20* Standard regelt die
sichere Kommunikation zwischen Auto und Ladestation. Der Part -20 ist der
neueste Standard im Feld, während die Vorgängerversion hinten die 2 hat. Diese
Vorgängerversion unterstützt hauptsächlich Plug and Charge; Version 15118-20
setzt auf dieser auf, fordert aber ein
höheres Sicherheitslevel und ermöglicht zusätzlich auf der
inhaltlichen Seite auch den Informationsaustausch zur dezentralen Steuerung;
zum Beispiel bezüglich der
Mobilitätsbedarfe zwischen Ladestation und Fahrzeug.
Dann gibt es noch die Sprache zwischen dem Backend und der Ladestation - dafür ist OCPP wichtig. OCPP regelt die Steuerung der Ladestation durch zentrale Infrastruktur. Während die Version 1.6 den etablierten Marktstandard darstellt, ermöglicht die Version 2.1 zusätzlich die Kommunikation zur Integration der Ladestation ins Energiesystem. Sie kann zudem die Ladestation als Vermittler zwischen Energieversorger und Auto (und dessen Nutzer:in) einbinden.
Niklas Hemberger:
Ein Beispiel, wie es aussehen könnte, wenn der/die Nutzer:in das Fahrzeug ansteckt:
- Im ersten Schritt wird die Authentifizierung angebahnt. Das Auto meldet: „Hallo, ich bin ein V2G-fähiges Auto und ich möchte mich hier authentifizieren.“
-
Die Ladestation sagt darauf: „Okay, was kannst du? Ich kann AC laden, DC
laden und wenn du möchtest Bidi** "
Es authentifiziert sich und baut eine gesicherte Verbindung auf.
- The Mobility House Energy gibt den Ladevorgang über eine gesicherte Verbindung zur Ladestation frei.
- Dann werden wichtige Rahmendaten zu Fahrzeug und Batterie zwischen Fahrzeug und unserem Backend ausgetauscht: "Ich möchte morgen Vormittag um 8:00 Uhr abfahren und benötige dafür 20 kWh. Ich bin in der Lage, zwischenzeitlich bis zu 30 kWh ins Netz abzugeben."
- Im nächsten Schritt startet das Laden, gesteuert durch einen Fahrplan, den wir basierend auf dem Strommarkt ermitteln und während des Ladevorgangs kontinuierlich an die Marktlage anpassen.
- Der Ladevorgang wird beendet, wenn Zielladestand und Abfahrtszeit erreicht sind. The Mobility House Energy erstellt eine Teilabrechnung für den Lade- und Entladevorgang. Dabei werden meist die geladenen kWh und die geplante Dauer des Ladevorgangs als Indikator für die zur Verfügung gestellte Flexibilität berücksichtigt.
*Internationaler Standard für die Kommunikation zwischen Elektrofahrzeugen
und Ladeinfrastruktur. Er übersetzt sozusagen zwischen Auto und Ladestation
damit Energie und Daten sicher fließen. Mehr zu diesem Standard
**Bidirektional
Was brauchen wir für Smart Charging?
Niklas Hemberger:
Im ersten Schritt müssen wir als Backend-Betreiber vom Fahrzeug wissen, welche Ladeleistung und Batteriegröße vorliegt und welche Zeitfenster existieren, in denen wir laden und entladen können. Genau diese Informationen werden über die Nachrichtenkette übermittelt. Das heißt, zunächst geben die Nutzer:innen in der App oder im Auto-Display an: "Ich fahre morgen um 7:00 Uhr wieder los und möchte, dass das Fahrzeug dann zu 80% geladen sein wird. Außerdem möchte ich, dass ihr das Auto direkt auf 30% ladet." Wir nennen das Minimum State of Charge, damit man immer zum nächstgelegenen Krankenhaus fahren kann, wenn nötig.
Stefan Morscher:
Neben den Nutzerbedarfen benötigen wir als Entwickler von The Mobility House Energy auch den Fahrzeugstatus. Bei älteren Autos ist dieser nur über den Umweg der Hersteller-Backends verfügbar. Neuere Autos unterstützen hingegen die 15118-Kommunikation mit der Ladestation und können so die Batterieparameter unabhängig vom Mobilfunkempfang (z.B. Thema in Tiefgaragen) bereitstellen.
Wenn wir die Informationen aus dem Fahrzeug über die Ladestation via OCPP erhalten, können wir einen optimalen Ladefahrplan an den Energiemärkten ermitteln.
Das ist die Kette, die für Smart Charging abläuft. Im Anschluss geht das Ganze natürlich wieder zurück.
Wie weit sind wir mit unserem Ziel der Interoperabiliät verschiedener Hersteller von Autos und Ladestationen?
Xi Zhang (EcoG):
Die Grundlagen für die Interoperabilität sind vorhanden und ermöglichen u.a. den nun angekündigten Marktstart einer bidirektionalen Wallbox, die wir gemeinsam mit euch von The Mobility House, Mercedes und EVtech produzieren.
Die Herausforderung bei dieser Wallbox-Lösung liegt in der gleichzeitigen Unterstützung von Standard- und proprietären Lösungen. Da proprietäre Systeme bereits am Markt etabliert sind, betrachten wir es als Betriebssystemanbieter als unsere Verantwortung, hier eine Brücke zu schlagen: Durch die Softwareintegration entsprechender Services ermöglichen wir einen nahtlosen Übergang hin zur Standardlösung.
Für die Standardlösung haben wir mit Partnern, u.a. in der Fahrzeugindustrie, im Rahmen der CharIN einen Leitfaden zur Implementierung des Standards ISO15118-20 Bidi, herausgegeben und umgesetzt.
Stefan Morscher:
Wichtig ist, zu erkennen, dass Interoperabilität (ermöglicht durch 15118-20 Kommunikation) immer noch eine Willensfrage ist. Es gibt zwar keine Frage des „Wie“ mehr, aber jedes Fahrzeug kann mittels beidseitiger Authentifizierung mitentscheiden, mit welcher Ladestation es eine Kommunikation aufbauen möchte. Das heißt, einen gewissen Willen braucht es sowohl von den Nutzer:innen, die dies im Auto freigeben müssen beim ersten Anstecken, als auch vom Fahrzeughersteller, diesen Hersteller der Ladesäule auch zu unterstützen. Jedes Auto kann beim Einstecken zurückgeben: „Kann ich nicht.“ Damit sind wir wieder in der jetzigen Welt, in der wir über DIN laden oder eben einfache Standards haben, die kein V2G ermöglichen. Entscheidend ist: Es muss jeder beteiligte Part wollen und mitmachen. Die technische Möglichkeit allein genügt nicht.
Dies stellt auch den Kernnachteil der Alternativkommunikation über die Fahrzeug-Backends dar: Hier ist der/die Nutzer:in voll abhängig vom Hersteller und dessen Willen, die nötigen Informationen über sein Backend auch Dritten (z.B. The Mobility House Energy als Energieversorger) zur Verfügung zu stellen.

Implementierungs-Herausforderungen: Entscheidet allein der OEM oder geht es darum, wie gut die Standards umgesetzt wurden?
Stefan Morscher:
Ein Stück weit beides. Zum einen muss man den Standard korrekt umsetzen, damit es funktioniert und dafür braucht es Interoperabilitätstests, die Hersteller aktiv ausführen müssen - im Rahmen von so genannten Testivals. Auf der zweiten Ebene bleibt es aber eine Authentisierung auf einer technischen Ebene von zwei Zertifikatbäumen. Das heißt, beide Seiten müssen festlegen, welche Gegenseiten sie beim Verbindungsaufbau akzeptieren. Ladestationen (bzw deren Hersteller) müssen also durch den OEM freigeschaltet werden, und umgekehrt.
Bei der Authentifizierung werden Zertifikate ausgetauscht, damit die Ladestation das Auto bspw. als einen Mercedes-Benz beispielsweise erkennt und sagt „Ja,, ich darf mit diesem Mercedes-Benz kommunizieren“. Das Zertifikat des Fahrzeugs ist technisch rückverfolgbar auf ein Ursprungszertifikat vom Hersteller – und dessen Signatur muss auf der Ladestation hinterlegt werden. Selbes gilt für das Zertifikat der Ladestation, dessen Ursprungszertifikat dem Fahrzeug als vertrauenswürdig bekannt sein muss. Dieser Austausch kann sowohl bei der Herstellung oder auch im Betrieb durch unser Backend mittels OCPP erfolgen.
Diese Zertifikate sind im Prinzip sowas wie der Haustürschlüssel und der Personalausweis zusammen. Sie können eine Authentisierung und Autorisierung und haben auch einen ganz klaren Pfad zur Rückverfolgbarkeit. Das heißt, man kann klar nachvollziehen, welche Behörde den Personalausweis ausgestellt hat, zu welchem Land diese Behörde gehört usw. Dabei wird der TLS Standard genutzt (für 15118-20 in der neuesten Version 1.3), der auch den Standard in der Internetkommunikation darstellt.
Automobil- und Wallbox-Hersteller schreiben sich oft „bidi-ready“ auf die Fahne. Aber sind sie es tatsächlich?
Niklas Hemberger:
Viele LinkedIn-Beiträge von Auto- oder Ladesäulenherstellern stellen es oft so dar, als könne die Ladestation allein Vehicle-to-Grid ermöglichen - was so nicht stimmt. Die wirkliche Intelligenz hinter V2G liegt bei The Mobility House Energy als Aggregator, der die Flexibilität vieler E-Autos bündelt und diese am Energiemarkt optimal einsetzt. Für erfolgreiches V2G sind zahlreiche Informationen nötig, etwa wie viele Ladezyklen das Auto pro Jahr absolvieren darf oder wie viele Kilowattstunden es einspeisen kann, damit die Batterie nicht vorzeitig altert.
Solche Begrenzungen werden vom Fahrzeug gesetzt und müssen in den Handelsalgorithmen des Aggregators berücksichtigt werden. Das ist viel komplexer, als es in öffentlichen Diskussionen anklingt. Ladestationen selbst können kaum mit Preis- oder Tarifinformationen umgehen – nur im Rahmen von Smart Charging mit festen oder dynamischen Tarifen klappt eine grundlegende Optimierung ohne zentrale Optimierung durch den Energieversorger.
Stefan Morscher:
Beispielsweise kann eine smarte Ladestation bei einem Time-of-Use-Tarif steuern, dass nachts und nicht während des teuren Abendhochlaufs geladen wird. Im Bereich Smart Charging können dadurch zwar Stromkosten im gewissen Rahmen gesenkt werden – das Potential des Autos wird dadurch aber weniger aus Nutzersicht noch aus Netzsicht auch nur annähernd ausgereizt. Bei V2G aber reicht diese „Intelligenz“ nicht: Hier kommt es auf den Aggregator im Hintergrund an, der viele Parameter und Bedingungen koordinieren muss. Genau das bietet The Mobility House Energy.
Die Ladestation übernimmt bei V2G vor allem die Aufgabe, Energie zu übertragen und Daten mit Fahrzeug und Backend in einer sicheren Kommunikation auszutauschen. Alle wirklich entscheidenden Markt- und Flexibilitätsentscheidungen trifft die zentrale V2G-Plattform oder der Aggregator. So werden Fahrzeugbeschränkungen, Marktpreise und Netzzustand intelligent zusammen gedacht, wozu die Ladesäule allein nicht in der Lage wäre.
Kurz gesagt: Die Ladestation ist notwendig, aber nicht der Schlüssel für V2G – das eigentliche Herzstück ist die Plattform, die alles steuert.
Was heißt „Bidi ready“ technisch gesehen also wirklich?
Xi Zhang (EcoG):
Der Marketingbegriff ‚bidi ready‘
bedeutet aus technischer Sicht in der Regel lediglich, dass die Hardware
physisch zum Laden und Entladen in der Lage ist. Um die bidirektionale
Funktionalität tatsächlich nutzen zu können, sind jedoch noch mehrere
Zwischenschritte erforderlich.
Eine funktionierende Lösung setzt eine interoperable Kommunikation mit den Fahrzeugen voraus, was umfangreiche Tests mit verschiedenen Modellen erfordert. Darüber hinaus sind Anwendungen von Drittanbietern notwendig, die das Laden und Entladen intelligent steuern. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Mobilitätsbedürfnisse der Nutzer erfüllt bleiben, während sie gleichzeitig von den finanziellen Vorteilen der Bidi-Funktionalität profitieren.
Stefan Morscher:
Genau, 'Bidi ready' heißt bei Ladestationen üblicherweise, dass sie den Standard 15118-20 implementiert haben, der bidirektionales Laden enthält und die Kommunikation gewährleistet, nichts weiter. Es geht nur um eine – oft zunächst theoretische - technische Kompatibilität. Hersteller meinen damit: Wenn V2G in den Fahrzeugen verfügbar wird, dann spielen sie den Kund:innen ein Software-Update auf. Im Wesentlichen ist die Hardware empfänglich für Over the Air-Updates und hat einen Krypto Prozessor, die der TLS 1.3 unterstützt.
Aufgrund der fehlenden Fahrzeugverfügbarkeit im Markt sind die Ladestationen üblicherweise (noch) nicht auf Interoperabilität getestet – ob also mit einem zukünftigen Fahrzeug bidirektionales laden tatsächlich möglich ist, bleibt für den Nutzer ungewiss.
AC vs DC: Was sind die technischen Unterschiede im Backend?
Stefan Morscher:
Beim AC-Laden erfolgt die Umwandlung des Stroms von Wechselstrom zu Gleichstrom direkt im Fahrzeug, deshalb betreffen die meisten Gridcode-Vorschriften speziell das Auto und nicht nur die Ladestation. Die AC-Ladestation ist in diesem Zusammenhang technisch gesehen kaum mehr als eine intelligente Steckdose – das unterscheidet sich nicht vom bekannten unidirektionalen Laden. Für die Hardware birgt Bidirektionalität beim Stromfluss nur minimale zusätzliche Anforderungen; entscheidender ist das Messkonzept (Metering), denn beim Rückspeisen muss der Strom in beide Richtungen exakt gemessen werden.
Niklas Hemberger:
Abrechnungsrelevant ist immer der Strom am sogenannten Übergabepunkt, also dort, wo das Fahrzeug ans Netz angeschlossen ist. Besonders wichtig im AC-Bereich ist zudem die Grid-Code-Zertifizierung: Hier muss das gesamte System aus Auto und Ladestation gemeinsam geprüft sein, damit eine Einspeiseerlaubnis nach deutschen Normen wie der VDE-AR-N 4105 erteilt wird. Die Ladestation allein reicht hierfür nicht aus, weil sich die entscheidende Leistungselektronik (der Wechselrichter) im Auto befindet.
Im Gegensatz dazu sitzt der Wechselrichter beim DC-Laden in der Ladestation, weshalb hier nur das Gerät selbst zertifiziert werden muss und unabhängig vom angeschlossenen Fahrzeug genutzt werden kann. Im Bereich AC-Bidirektionalität ist aktuell vorgeschrieben, dass nur herstellerspezifische Kombinationen aus Ladestation und Fahrzeug zulässig sind. Vermutlich wird dieser Standard bis mindestens 2027 bestehen bleiben, bevor langfristig eine beliebige Kombinierbarkeit von Bidi-Ladestationen und -Fahrzeugen angestrebt wird.
Kurz: Beim AC-Bidirektionalen Laden sind Auto und Ladestation ein System – einzelne herstellerübergreifende Lösungen gibt es (noch) nicht. DC-Bidirektionalität kann allein durch die Ladestation sichergestellt werden, das Fahrzeug muss nur die nötigen Kommunikationsstandards beherrschen und auch zulassen.

Vehicle to Grid im “Auto-Alltag”: Und wieder schläft es ein…
Stefan Morscher:
Vehicle-to-Grid (V2G) wird häufig so dargestellt, dass Autos einfach Energie zurück ins Netz einspeisen können. In der Praxis funktioniert das aber nur sehr eingeschränkt. Für V2G braucht es Rückspeisungen in nur wenigen Stunden im Jahr, entscheidend ist aber die ständige Verfügbarkeit des Fahrzeugs. Das Auto muss dafür angeschlossen bleiben und zuverlässig aufgeweckt werden können, wenn es gebraucht wird. Heute sind Fahrzeuge jedoch für durchschnittlich nur 2–3 Betriebsstunden täglich ausgelegt - außerhalb dieser Betriebszeit gehen Steuergeräte und auch das Ladesteuergerät in einen Schlafmodus. Damit bricht die Kommunikation ab, die für V2G unbedingt nötig wäre.
Derzeit können viele Autos zwar bidirektional laden, aber nicht über lange Zeit „schlafend“ und zugleich verfügbar (aus dem Schlaf heraus) Energie bereitstellen. Eine dauerhafte Aufrechterhaltung der Lade- oder Entladeleistung zur Verhinderung des Schlafverhaltens wäre technisch zwar möglich und ermöglicht eine Versorgung des Haushalts im Blackout Fall, aber wirtschaftlich nicht sinnvoll. Im täglichen Betrieb wäre das Fahrzeug durch bis zu einem Faktor 10 höhere Betriebsstunden sehr stark beansprucht, auch der Standby-Stromverbrauch (in gängigen Fahrzeugen 200-400W) entspricht etwa dem durchschnittlichen Nachtverbrauch des Haushalts und ist dadurch dauerhaft sehr teuer für den Nutzer. Die Verlustleistung des Fahrzeugs erhöht den Gesamtstromverbrauch des Haushalts also signifikant. Genau deshalb spielt die ISO 15118-20 eine zentrale Rolle: Sie enthält explizite Pausen- und Aufweckkommandos, die Schlafzustände ermöglichen, aber ein Fahrzeug dennoch jederzeit aufwecken können, um auf die Batterie zuzugreifen. Renault setzt dies bereits standardkonform um.
Damit die Lösung funktioniert, müssen Automobilhersteller die ISO-20-Funktionen in die Gesamtarchitektur ihrer Fahrzeuge integrieren. Ziel ist eine Betriebsweise, die mit möglichst wenigen aktiven Steuergeräten auskommt und den Eigenverbrauch reduziert. Dabei geht es sowohl um die Effizienz aus Sicht des/der Nutzer:in als auch um die Haltbarkeit der Steuergeräte, die bislang nicht für den Dauerbetrieb ausgelegt sind.
Am Ende ist V2G also nicht nur eine Frage der Ladefähigkeit, sondern erfordert Veränderungen an der gesamten Elektronikarchitektur der Fahrzeuge.
Ausblick in Sachen Bidi-Standards
Wann ist eurer Meinung nach bidirektionales Laden im Alltag etabliert?
Xi Zhang:
Aus unserer Sicht ist bidirektionales
Laden dann angekommen, wenn diese Technologie eine nahtlose Integration in den
Alltag privater, als auch gewerblicher Kund:innen gefunden hat. Der Schlüssel
dazu ist eine offene Architektur: Wir bei EcoG ermöglichen die nahtlose
Integration von Drittanbieter-Services, damit darauf echte Geschäftsmodelle
entstehen können. So hoffen wir, als Marktbeschleuniger dazu beizutragen, dass
Bidi schon bald Realität wird.
Zudem ist eine maximale Zuverlässigkeit und das Zusammenspiel zwischen unserer Software und den E-Fahrzeugen von Bedeutung. Wir wollen die solide Basis schaffen, die bidirektionales Laden massentauglich macht. Hierfür haben wir extra einen Index ins Leben gerufen, den EcoG Charging Reliability Index, der es ermöglicht, zu testen, wie gut Fahrzeuge schon mit der Ladesäule kommunizieren.
Stefan Morscher:
Mercedes-Benz und BMW bringen Anfang bis Mitte 2026 jeweils Fahrzeuge mit V2G-Fähigkeiten auf den Markt. Damit sehen wir auch im deutschen Markt mit einer gewissen Anlaufverzögerung klar 2027 als das Jahr von V2G. Mit viel Glück kann V2G bei uns schon 2026 kommen, zumindest in ersten Zügen, aber 2027 wird es definitiv an Relevanz zunehmen.
Niklas Hemberger:
Wir sind ja bereits mit Renault auf dem Markt in Frankreich. Das funktioniert super und wir werden mit dem Hersteller auch nach Deutschland gehen, schließlich auch nach Großbritannien. Wir als The Mobility House Energy wollen uns jedoch nicht auf Deutschland begrenzen, weil hier noch andere Hürden bestehen, beispielsweise Abrechnungsstandards und unterschiedliche Netzbetreiber.
Andere Länder sind von den Gegebenheiten her deutlich weiter und einfacher unterwegs. Es ist allerdings kein Hemmnis, dass wir ungenaue Kommunikationsstandards haben. Die Standards sind jetzt da mit 15118-20 und auch mit OCPP 2.1 können wir gut agieren. Diese Standards müssen jetzt nur noch flächendeckend angenommen werden. Die OEMs kommen bereits in Bewegung. Das stimmt uns positiv.
Begriffsdefinitionen ISO 15118 und OCPP
- ISO 15118
Die ISO 15118, speziell die Version ISO 15118-20, definiert die digitale Kommunikation zwischen E-Auto und Ladestation für bidirektionales Laden, also für Vehicle-to-Grid (V2G) und Vehicle-to-Homne (V2H). Sie regelt die Authentifizierung und den sicheren Austausch von Energie- und Steuerungsdaten.
ISO 15118-20 macht es möglich, dass Fahrzeuge Systembefehle wie das Entladen akzeptieren und korrekt ausführen können.
- OCPP (Open Charge Point Protocol)
Das OCPP (ab Version 2.0 und insbesondere 2.1) ist der Standard für die Kommunikation zwischen Ladestation und Backend-System (z.B. Betreiber, Netzbetreiber). OCPP 2.0/2.1 unterstützt Funktionen von ISO 15118 wie Plug & Charge sowie bidirektionales Laden. Es ermöglicht zudem erweitertes Energiemanagement und Integration ins Smart Grid.

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