Vehicle-to-Grid: Status-Quo – welches Land ist wie weit?

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The Mobility House Team

27. März 2025

(Letzte Aktualisierung: 09. April 2025)

Geschätzte Lesezeit: 5 minutes

Die Technik ist die eine Sache, die regulatorischen Rahmenbedingungen eine andere. Deutschland holt auf diesem Feld auf, während Großbritannien hier schon weiter ist. Auch die Niederlande sind beim bidirektionalen Laden sehr aktiv.

Reanult R5 erstes V2G-fähiges Elektroauto

Frankreich

Frankreich startete mehrere V2G-Pilotprojekte schon ab 2018, z. B. in Kooperation mit Inselnetzen oder städtischen Projekten. Die Regierung sah V2G früh als Baustein der Netzstabilität.
Nun haben unsere Nachbarn als erstes Land weltweit die Vehicle-to-Grid-Technologie (V2G) für Elektroautofahrer:innen kommerziell zugänglich gemacht. Wenn der Renault R5 am Netz angeschlossen ist, kann die Fahrzeugbatterie nicht nur Energie ins Netz zurückgeben, sondern auch aktiv am Energiemarkt teilnehmen und so Teil des Stromnetzes werden.

  • Technologie und Fahrzeuge: Frankreich ist Vorreiter bei der kommerziellen Einführung von V2G. Im Oktober 2024 starteten die Renault Group, Mobilize und wir ein V2G-Programm, das es Besitzern des Renault 5 ermöglicht, ihre Fahrzeuge bidirektional zu laden und überschüssige Energie ins Netz zurückzuspeisen. Dies wird durch die bidirektionale AC-Ladestation PowerBox Verso und einen speziellen Energievertrag ermöglicht.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Frankreich hat die notwendigen regulatorischen Voraussetzungen geschaffen, um V2G kommerziell zu ermöglichen, was die Integration von Elektrofahrzeugen ins Stromnetz fördert.

Großbritannien

In Großbritannien wurde Vehicle-to-Grid bereits in mehreren Testprojekten ausprobiert. Allerdings ist es nicht ganz einfach, V2G weit zu verbreiten. Ein Grund dafür ist der hohe Aufwand für die Zulassung von Ladesystemen mit mehr als 3,5 kW Leistung. Diese müssen strenge technische Vorgaben erfüllen. Die weitere Entwicklung kann aber davon profitieren, dass es in Großbritannien bereits ein einheitliches Verfahren für den Netzanschluss zertifizierter Ladesysteme gibt – und dass Nutzer:innen immer mehr Erfahrung mit flexiblen Stromtarifen sammeln.

  • Technologie und Fahrzeuge: Großbritannien plant die Einführung von V2G im Jahr 2025. Nissan hat angekündigt, ab 2026 erschwingliche V2G-Technologie einzuführen, beginnend in Großbritannien und anschließend in weiteren europäischen Märkten.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Das Land gilt als fortschrittlich in der Entwicklung von V2G-Regulierungen. Die Regulierungsbehörde OFGEM bereitet derzeit Anpassungen vor, um V2G flächendeckend zu implementieren.

Deutschland

In Deutschland hängt vieles am Smart Meter Rollout: Dieser ermöglicht mit bisher unter 10 % eingebauter Geräte noch keine großflächige Nutzung kleinteiliger Flexibilität. Außerdem unterscheidet sich Deutschland von Frankreich und Großbritannien durch eine hohe Anzahl an teils kleinen Verteilnetzbetreibern (VNBs).

Weil mehr Stromspeicher gebraucht werden, ist V2G für den Stromhandel und Netzdienste wie Redispatch* interessant. In Deutschland kann V2G helfen, mehr Ökostrom ins Netz zu bringen. Viele technische Probleme sind schon gelöst, vor allem bei der Kommunikation im Gebäude. Trotzdem wird V2G noch durch fehlende Standards gebremst. Da es in Deutschland viele Netzbetreiber gibt, ist die einheitliche Umsetzung schwieriger als in anderen Ländern.

  • Technologie und Fahrzeuge: In Deutschland beschränkt sich die V2G-Umsetzung derzeit auf Pilotprojekte. Es gibt noch keine kommerziellen Angebote für Endverbraucher.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Deutschland arbeitet an der Entwicklung des regulatorischen Rahmens für V2G. Derzeit fehlen jedoch klare Strategien zur Integration von bidirektionalem Laden ins Energiesystem.


*Unter Redispatch versteht man Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken, um Leitungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen. Droht an einer bestimmten Stelle im Netz ein Engpass, werden Kraftwerke diesseits des Engpasses angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln, während Anlagen jenseits des Engpasses ihre Einspeiseleistung erhöhen müssen. Quelle: Bundesnetzagentur

Niederlande

Seit 2019 läuft in der Amsterdamer Johan Cruijff ArenA (JCA) unter Mitwirkung von uns ein Projekt, bei dem an den vorhandenen 3-Megawatt-Batteriespeichern, bestehend aus 148 Nissan Leaf-Batterien, und der 1-Megawatt-Photovoltaikanlage auf dem Dach der Arena mittels innovativem Lade- und Energiemanagement ein bidirektionales Fahrzeug verbunden ist. Die intelligente Softwaresteuerung von The Mobility House ermöglicht es, dass Elektroautos der Stadionbesucher:innen – nach Einwilligung durch den Eigentümer – nicht nur Strom über die Ladestation beziehen, sondern diesen im Verlauf des Aufenthalts intelligent gesteuert auch wieder an das Stadion abgeben können.

  • Technologie und Fahrzeuge: Die Niederlande sind bekannt für ihre zahlreichen V2G-Pilotprojekte. Städte wie Arnheim und Utrecht testen seit mehreren Jahren erfolgreich bidirektionales Laden. Beispielsweise startete Hyundai mit dem IONIQ 5 einen V2G-Versuch in Utrecht.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Obwohl es viele Pilotprojekte gibt, befindet sich die flächendeckende kommerzielle Umsetzung von V2G noch in der Entwicklungsphase.

Japan

Japans Vehicle-to-Grid (V2G)-Markt hat in den letzten Jahren stark an Fahrt gewonnen, angetrieben durch das Engagement des Landes für nachhaltige Energielösungen und die wachsende Bedeutung von Elektrofahrzeugen. Ein wichtiger Akteur auf dem japanischen Vehicle-to-Grid (V2G)-Markt ist Nissan. Nissan steht an der Spitze der EV-Innovation und hat V2G-Funktionen in seine Elektrofahrzeuge wie den Nissan LEAF integriert. Das Unternehmen hat sich an Pilotprojekten und Kooperationen mit Versorgungsunternehmen beteiligt, um V2G-Technologien zu testen und zu implementieren. Das Engagement von Nissan für eine nachhaltige Mobilität steht im Einklang mit Japans Vision eines sauberen und energieeffizienten Verkehrssystems.

Technologie und Fahrzeuge:

  • Pilotprojekte und Partnerschaften: Bereits 2018 starteten Toyota Tsusho und Chubu Electric Power in Zusammenarbeit mit Nuvve das erste V2G-Projekt in Japan. Ziel war es, mittels bidirektionalem Laden das Gleichgewicht von Stromangebot und -nachfrage im Netz zu untersuchen.
  • Kommerzielle Anwendungen: Nissan plant, ab 2026 erschwingliche bidirektionale Ladelösungen für ausgewählte Elektrofahrzeuge anzubieten. Diese Technologie ermöglicht es, die in den Fahrzeugbatterien gespeicherte Energie ins Stromnetz zurückzuspeisen oder für den Eigenbedarf zu nutzen.

Rechtliche Rahmenbedingungen:

  • Aktueller Status: Während Vehicle-to-Home (V2H)-Anwendungen in Japan bereits kommerziell verfügbar sind, befinden sich V2G-Anwendungen noch in der Testphase. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine flächendeckende Implementierung von V2G werden derzeit weiterentwickelt.

USA

Auf der Intersolar & Energy Storage North America 2025 diskutierte eine Gruppe von Vehicle-to-Grid (V2G)-Experten darüber, wie Elektrofahrzeuge (EVs) die Netzstabilitätverbessern können. Die Diskussionsteilnehmer:innen waren sich einig, dass eine Standardisierung der V2G-Einführung notwendig ist, um die Marktvolatilität zu verringern und eine einheitliche Umsetzung durch die Versorgungsunternehmen zu gewährleisten. Sie wiesen auch auf eine Marketingherausforderung hin: Privatkund:innen sollten erkennen, dass ihre E-Fahrzeuge als Netzressourcen dienen können. Dazu müssten ihnen greifbare Vorteile, wie z. B. die Möglichkeit der Notstromversorgung, aufgezeigt werden. So könnten E-Fahrzeuge einzigartige dezentrale Energieressourcen sein, die eine Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit bieten, die von anderen Anlagen wie Solaranlagen nicht erreicht werden.

  • Technologie und Fahrzeuge: In den USA wird V2G hauptsächlich in Pilotprojekten und Forschungsinitiativen getestet. Eine flächendeckende kommerzielle Einführung steht noch aus.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Die regulatorischen Voraussetzungen für V2G variieren je nach Bundesstaat. Einheitliche nationale Richtlinien sind bislang nicht etabliert.

Australien

  • Technologie: Im November 2024 erreichte die australische Regierung einen wichtigen Meilenstein, als Standards Australia einen neuen Standard für das Vehicle-to-Grid-Laden genehmigte.
  • Bundesenergieminister Chris Bowen erklärte: „Diese Genehmigung ebnet den Weg für Hersteller und Ladeunternehmen, ihre Produkte beim Clean Energy Council zu registrieren, sodass das bidirektionale Laden bis Weihnachten Realität wird.“

Trotz dieser Fortschritte bleibt die Verfügbarkeit bidirektionaler Ladegeräte eine Herausforderung, da die Wallbox Quasar 1 derzeit das einzige zertifizierte Ladegerät in Australien ist und in Südaustralien nur eine bedingte Zulassung besitzt. Die Produktion der Quasar 1 wurde jedoch eingestellt.

Quelle: Mitsubishi Motors Australien (engl.)

V2G Perspektiven:

Die Vermarktung am Spotmarkt mit bidirektional ladefähigen Elektrofahrzeugen bietet in allen Ländern attraktive Erlöse und ist vergleichsweise einfach zu standardisieren. Für die Umsetzung sind mindestens folgende Akteure aufeinander angewiesen: Automobilhersteller, LIS-Hersteller, V2G-Service-Anbieter (bspw. Aggregator oder Energiemanager) und Energielieferanten.