Welche Autos können V2G?

09. April 2025

Geschätzte Lesezeit: 7 minutes

Viele Hersteller setzen bereits auf Elektrofahrzeuge mit V2G-Technologie – die Zukunft ist klar. Erste V2H- und V2L-Lösungen ebnen den Weg dahin, dass Fahrzeugbatterien später Energie ins Netz zurückspeisen. Hier ein Überblick.

BMW Vision Neue Klasse X; Bild: BMW Group

BMW

Der Münchner Autobauer BMW hat vor einigen Jahren ein wichtiges V2G-Projekt gestartet und 20 entsprechend ausgerüstete BMW i3 an Privatkund:innen übergeben. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Kund:innen, die in einem Einfamilienhaus leben, welches sowohl mit als auch ohne Photovoltaikanlage ausgestattet ist. Dabei geht es um die Frage, wie sich mithilfe von V2G im Laufe des Jahres die CO2-Bilanz und die Energiekosten senken lassen – Gerade in Zeiten volatiler Energieressourcen ein wichtiger Punkt. Erste Ergebnisse zeigen, dass bei der V2H-Eindung der BEVs Erlöse von 300 Euro pro Jahr möglich sind .

Ab 2025 sollen die BMW Modelle der 2025 auf den Markt kommenden Neuen Klasse Strom speichern können und so als Steckdose funktionieren. Sie werden mit der Technologie zum bidirektionalen Laden ausgestattet.

Ford

„Wir haben den Ford Explorer und unseren neuen Capri bewusst mit der Möglichkeit des bidirektionalen Ladens ausgestattet, denn wir halten diese Technologie für eine wichtige Säule zukunftsfähiger Energieversorgung“, erklärt Oliver Adrian, Head of European Charging & Energy Strategy and Go-to Market, Ford Model e. „Mit Hilfe dieser Technik lässt sich noch mehr Energie aus erneuerbaren Quellen nutzen. Die großen Batterien unserer modernen Elektromodelle eignen sich ideal als Pufferspeicher.“

Honda

Der japanische Automobilhersteller Honda hat seine batterieelektrischen Modelle V2G-befähigt. Der Honda e ist mit bidirektionaler Ladefähigkeit ausgestattet, die theoretisch V2G-Anwendungen ermöglicht. Allerdings bietet Honda derzeit keine eigene Wallbox mit dieser Funktion an.

In Zusammenarbeit mit dem V2X Suisse Konsortium hat Honda 2022 ein Pilotprojekt in der Schweiz initiiert, bei dem 50
Honda e Fahrzeuge in einem Carsharing-Dienst eingesetzt wurden. Diese Fahrzeuge nutzten ihre bidirektionale Ladefähigkeit, um Energie zurück ins Netz zu speisen. Für dieses Projekt stellte Honda 35 Power Manager-Einheiten bereit, die V2G-Funktionen unterstützen.

Im Jahr 2023 gründete Honda gemeinsam mit BMW und Ford das Unternehmen ChargeScape, das eine Plattform zur Optimierung von EV-Lade- und Netzservices entwickelt.

Quelle: ​Honda Motor Europe

Hyundai

Hyundai verfolgt mit seiner Vision „Progress for Humanity“ das Ziel der CO₂-Neutralität in Europa bis 2035. Dafür setzt das Unternehmen bereits V2G-Technologie ein – unter anderem in zwei Pilotprojekten in den Niederlanden und Deutschland.

In Utrecht entsteht in Zusammenarbeit mit „We Drive Solar“ die weltweit erste bidirektionale Region. Eine Flotte von IONIQ 5 wird dort als Teil eines innovativen Mobilitätsdienstes eingesetzt. Ziel ist es, Hunderte gemeinsam genutzter Fahrzeuge mit V2G-Technologie in Utrecht und weiteren Städten zu etablieren. Dafür entsteht Europas größte Fabrik für bidirektionale Ladestationen.

In Deutschland arbeitet Hyundai mit „Next Kraftwerke“ zusammen, einem Vermittler zwischen Energieversorgern und dem Stromnetz.

Quelle: Hyundai News

Hyundai IONIQ 5 (c) ginger_polina_bublik / Shutterstock.com

Kia

Auch Kia erweitert seine Elektrofahrzeug-Kapazitäten über die Mobilität hinaus und ist Teil der globalen Initiative der Hyundai Motor Group zur Weiterentwicklung von Vehicle-to-Everything (V2X)-Diensten. Die Kia Smart Charge App ist für Kia-Elektrofahrzeug-Kunden in den Niederlanden verfügbar und ermöglicht es Nutzern, in Zeiten mit niedrigeren Kosten zu laden und so Stromkosten zu sparen.

In den USA ermöglicht ein neuer Vehicle-to-Home (V2H)-Dienst Kia EV9-Besitzern in ausgewählten US-Bundesstaaten, Energie in der Batterie ihres Fahrzeugs zu speichern und bei Stromausfällen den Strom wieder in ihre Häuser abzugeben. Damit wird eine zuverlässige Notfalllösung geschaffen.

Quelle: Kia News Center (engl.)

Mercedes-Benz

Das E-Flaggschiff EQS beherrscht das bidirektionale Laden . Allerdings aktuell nur in Japan, da der dort vorherrschende CHAdeMO-Stecker diese Funktionalität schon eingebaut hat. Das ist beim hiesigen CCS-System noch nicht der Fall, aber bis spätestens Mitte der Dekade soll dieses Problem gelöst sein. Vermutlich wird die Umsetzung früher gelingen, da der Gesetzgeber im April 2022 die Norm ISO 15118-20 verabschiedet hat. Da der kleinere Bruder EQE und das EQS-SUV die identische Technik nutzen, dürfte es bei diesen Modellen genauso sein.

Mitsubishi

Im Mai 2024 demonstrierte Mitsubishi Motors Australia als eine der ersten Automarken ihre Fähigkeit, 5 kW Leistung aus dem Mitsubishi Outlander PHEV zu exportieren.

„Mit der Entwicklung der V2G-Landschaft und zunehmendem Zugang zu bidirektionaler Hardware können PHEV-Besitzer Strom ins Netz oder ihr Zuhause speisen. Das spart Kosten, unterstützt erneuerbare Energien und senkt CO₂-Emissionen“, sagt eMobility-Manager Tim Clarke.

Für Mitsubishi sind Plug-in-Hybride hervorragend für bidirektionales Laden geeignet:

  • Outlander PHEV: Speichert Solarenergie, senkt Kosten und dient als Notstromversorgung.
  • Eclipse Cross PHEV: Bietet ähnliche Funktionen für bidirektionales Laden.

Beide Modelle nutzen das CHAdeMO-Gleichstrom-Ladesystem für Kompatibilität mit dieser Technologie.

Quelle: Mitsubishi Motors (engl.)

Nissan

Nissan ist einer der Vorreiter, wenn es um das bidirektionale Laden geht. Der japanische Autobauer ist weltweit führend und in vielerlei V2X-Projekte involviert. Das ist die fast buchstabengetreue Umsetzung der Strategie „Ambition 2030“, in deren Zentrum es nicht nur um die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte, sondern auch um die Ladeinfrastruktur und das Lademanagement geht.

Bereits im Jahr 2018 hat der japanische Automobilhersteller gemeinsam mit The Mobility House ein Projekt in Hagen initiiert, das das V2G-Potenzial eines Nissan Leaf demonstrierte, indem das Elektroautomobil gemäß den Richtlinien der Übertragungsnetzbetreiber für die Primärregelleistung (PRL) zugelassen wurde. Das Resultat: Der Nissan Leaf „verdiente“ dabei gut 20 Euro pro Woche. Im Sommer 2021 brachte es ein Nissan Leaf auf Rhode Island auf rund 4.200 US-Dollar mithilfe der V2G-Anwendung. Außer dem Leaf verfügt auch der technisch eng verwandte Kastenwagen e-NV200 über V2G-Fähigkeit.

Einige von Nissans Projekten der letzten Jahre:

  • in Deutschland: Nissans „i-rEzEPT“-Projekt, eine intelligente Integration von Elektroautos in das deutsche Stromnetz mit 13 solarbetriebenen Häusern, hat in seiner ersten Zwischenbilanz überzeugende Ergebnisse erzielt.
  • in Japan:
    • Inmitten von Katastrophenschutzmaßnahmen half Nissans Blue-Switch-Programm Ersthelfern, Werkzeuge aufzuladen und eine Kommandozentrale mit Nissan LEAF-Batterien zu betreiben.
    • Nissan arbeitete mit der japanischen Regierung an einem Demonstrationsprojekt, bei dem V2G-Fähigkeiten durch energiespeichernde Ladestationen und für Carsharing-Dienste angebotene E-Fahrzeuge demonstriert wurden.
    • Nissan stellte eine Möglichkeit vor, mit der Besitzer von Elektroautos die Parkkosten ausgleichen können, indem sie während des Besuchs eines Ausstellungsraums in Yokohama Strom aus ihren Akkus entladen.

Quelle: Nissan Stories 2023 (engl.)

Volkswagen AG

VW / Porsche / Skoda / Audi / Seat

Alle VW ID.-Modelle mit der 77-kWh-Batterie sind laut des Konzerns „BiDi ready“. Das trifft sowohl auf neu produzierte als auch bereits ausgelieferte Fahrzeuge zu. Letztere werden per Over-the-Air-Update befähigt. Das erfolgt mit der Software-Version 3.1.0, die ab September 2022 ausgerollt wurde. Zudem wird der Fokus zunächst Vehicle-to-Home (V2H) sein. „Für die Einspeisung in das Netz (V2G) fehlt noch die entsprechende Regulatorik – es ist aber natürlich das mittelfristige Ziel“, stellt ein Konzernsprecher fest. Um das bidirektionale Laden zu ermöglichen, ist eine spezielle „DC Wallbox“ nötig. „Hier arbeiten wir gerade mit unseren internen und externen Partnern daran, diese Hardware möglichst schnell vielen Kunden zugänglich zu machen“, heißt es aus Wolfsburg. Allerdings ist so eine DC-Wallbox ungleich teurer als die gängigen Wechselstrom-Exemplare, die viele Kund:innen bereits installiert haben.

Porsche hat mit dem Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und dem Beratungsunternehmen "Intelligent Energy System Services" (IE2S) einen Pilotversuch gestartet, bei dem fünf Serien-Taycan sowohl in häuslicher Umgebung als auch unter Laborbedingungen über den Porsche Home Energy Manager (HEM) ans Stromnetz angeschlossen wurden. 

Da Audi bei seinen Modellen Porsches J1-Plattform oder VWs Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) verwendet, gilt für die Ingolstädter das Gleiche. Genauso wie für die Konzerntöchter Skoda und Seat, deren batterieelektrische Modelle ausschließlich auf der MEB-Architektur basieren. VW nimmt viel Geld in die Hand, um die MEB-Plattform zukunftsfähig zu machen. Dazu gehört V2G . Diese Funktionalität wird auch in den zukünftigen Konzern-Architekturen Premium Platform Electric (PPE) und der Scalable Systems Platform (SSP) integriert, an der auch Porsche beteiligt ist.

Renault

Der französische Hersteller forscht schon seit einigen Jahren an intelligenten Ladelösungen und V2G – auch in Zusammenarbeit mit uns. Nachdem im niederländischen Utrecht bereits ein Versuch mit zwei Renault Zoe gelaufen ist, hat Renault auf der portugiesischen Insel Porto Santo 22 uni- und bidirektionale Zoes zum Teil eines intelligenten Mikrokosmos gemacht.

Im Januar 2023 kündigte Renault in Zusammenarbeit mit dem französischen Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien (CEA) die Entwicklung eines Ladegeräts an, das die Energieverluste beim Laden um 30 Prozent reduziert. Dieses kompakte System ermöglicht es, Energie aus der Fahrzeugbatterie zurück ins Stromnetz zu speisen, um den Netzbetrieb zu optimieren und Schwankungen erneuerbarer Energien auszugleichen.

Zudem ist der brandneue Renault R5 technisch für V2G vorbereitet. Im Juni 2023 ging Mobilize, die Mobilitätsmarke der Renault Group, eine Kooperation mit The Mobility House ein, um ab 2024 ein kommerzielles V2G-Angebot in Frankreich bereitzustellen. Dieses Angebot ermöglicht es Renault-Kunden, durch bidirektionales Laden ihre Fahrzeugbatterien in das Energiesystem zu integrieren und dafür finanziell entlohnt zu werden. Bei den zukünftigen Modellen, die auf der neuen CMB-EV-Plattform basieren, ist V2G Teil des Technikpakets.

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Stellantis

Im Multimarkenkonzern Stellantis wird schon seit einiger Zeit an verschiedenen Fronten die V2G-Funktionalität getestet. Der Peugeot iOn ab Baujahr 2018 und der Citroën C-Zero ab Baujahr 2017 sind bereits V2G-fähig. Aber auch bei den anderen Marken geht es voran. Das DrossOne Projekt im Werk Mirafiori ermöglicht gemeinsam mit Free2move und eSolutions mit einer Flotte des Fiat 500 E das bidirektionale Laden. Es soll zwischen 2023 und 2027 eine nominale Kapazität von 25 MW an ultraschnellen Reservediensten bereitstellen und damit dazu beitragen, den Bedarf der Übertragungsnetzbetreiber an fossilen Kraftwerken zu verringern.

Toyota

Beim japanischen Automobilhersteller steht V2G definitiv auf der Agenda. Toyotas stationäres O-Uchi Kyuden System basiert auf der gleichen Batterietechnik, die auch in den elektrifizierten Modellen vorhanden ist, und ermöglicht bidirektionale Zu-Haus-Funktionen – auch im Zusammenspiel mit der Photovoltaikanlage. Laut Toyota beträgt die Kapazität 8,7 kWh und die Nennleistung 5,5 kWh. Der nächste Schritt ist eine ähnliche Verwendung der tatsächlichen Automobilbatterien, zumal bei Toyota schon Konzepte vorliegen, die elektrische Fahrzeuge in das Stromnetz einbinden. Der Toyota bZ4X ist laut Hersteller für das bidirektionale Laden vorbereitet und unterstützt sowohl Vehicle-to-Load als auch Vehicle-to-Grid.
Die Japaner haben bereits Erfahrung: Schon 2018 startete Toyota Tsusho (der Handelszweig des Toyota-Konzerns) und Chubu Electric Power Japans erstes V2G-Projekt in Tokio, bei dem man Nuvves V2G-Plattform genutzt hat. Mittlerweile haben die Projektpartner die Genehmigung des japanischen Übertragungsnetzbetreibers (TSO) erhalten, um diese Technologie für die Stabilisierung des Netzes zu nutzen.

Tesla

Tesla hat sich bisher zurückhaltend gegenüber Vehicle-to-Grid (V2G) gezeigt, die Prioritäten lagen woanders. Das einzige Modell von Tesla, das Stand heute bidirektional laden kann, ist der neue Cybertruck. Neu dazu entwickelt wurde die Tesla Powershare Technologie: Dadurch können Cybertruck-Besitzer:innen elektronische Geräte, Elektrofahrzeuge und ihre Häuser während eines Stromausfalls mit Energie aus ihrem Cybertruck versorgen (V2L/V2H). Alle Cybertruck-Steckdosen zusammen können bis zu 9,6 kW liefern.

Warum werden nicht alle Automodelle V2G-fähig gebaut?

Nicht alle Automodelle werden V2G-fähig gebaut, weil es noch verschiedene technische und regulatorische Herausforderungen gibt. Hier sind einige der Hauptgründe:

  • Technische Einschränkungen: Viele Elektroautos sind nicht für bidirektionales Laden ausgelegt. Die Fahrzeugelektronik ist primär für den Fahrbetrieb optimiert, nicht für die kontinuierliche Energieeinspeisung ins Netz.
  • Kosten: Die Implementierung von V2G erfordert spezielle Wechselrichter und Steuerungssysteme, die die Kosten für das Fahrzeug erhöhen können. Viele Hersteller priorisieren andere Funktionen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
  • Regulatorische Hürden: In einigen Ländern gibt es noch keine klaren Vorschriften für die Einspeisung von Strom aus Fahrzeugen ins Netz. Ohne einheitliche Standards kann die Einführung von V2G schwierig sein.
  • Infrastruktur: Das Stromnetz und die Ladestationen müssen für bidirektionales Laden ausgelegt sein. Derzeit gibt es noch nicht überall die notwendige Infrastruktur, um V2G flächendeckend zu ermöglichen.

Am Ende bleibt durch die Verdienstmöglichkeiten mittels V2G jedoch immer noch ein sattes Plus auf dem Konto, wobei natürlich die Bilanz dabei je nach Einsatzort und den Gegebenheiten des Stromnetzes variiert.

Die V2G-Fans sind bereit und auch Automobilbauer, erste Wallboxhersteller und Netzbetreiber forcieren das bidirektionale Laden – schon aus reinem Eigennutz. Denn nur mit den rollenden steuerbaren Energiespeichern wird das Stromnetz so intelligent und stabil, dass es den Energiehunger der vielen Elektroautos auch zuverlässig stillt, ohne dass in den deutschen Wohnzimmern das Licht ausgeht.